Anton Webern: Auf seinen Spuren in Südkärnten: ... dennoch hielt man stets ein gastlich Haus. Dabei gab es häufig einen "Heidensterz", eine Kärntner Bauernspezialität, die nicht nur der Familie, sondern auch den Gästen mundete. .

Die Träume im Kärntner Sommerwind

Kleine Zeitung 14.06.2004
ERNST SCHERZER

Im Vorfeld der Wörther See Classics: Auf den Spuren des Komponisten Anton Webern, dessen musikalische Wiege in Kärnten stand.

Vaters Wunsch, dass ich die Hochschule für Bodenkultur studiere und mich dann am Preglhof setze. – Du mein Gott! und die Kunst! die mir alles ist, der ich mich aufopfern würde...“, ließ Anton Webern – in nicht ganz einwandfreiem Deutsch – seinem Vetter Ernst Dietz gegenüber den Bedenken eines 18-Jährigen freien Lauf, der gerade Richard Wagners „Tristan und Isolde“ erlebt hat.

Wenn der angehende Musiker, der seinen ersten Klavierunterricht durch die Mutter erhielt und dessen Vater den kompositorischen Versuchen des Jünglings nicht grundsätzlich abgeneigt war, weder an eine Bewirtschaftung des Familienbesitzes dachte, noch daran, diesen zum ständigen Aufenthaltsort zu wählen, so schien der bei Bleiburg gelegene Preglhof für den jungen Anton Webern als Ort der Ruhe doch von entscheidender Bedeutung gewesen zu sein.

Liebes Haus

„Irgendwo, ganz fern, liegt ein liebes, liebes Haus . . . dort ist die Ruhe . . .“ wird er in einem „An den Preglhof“ gerichteten Gedicht niederschreiben und auch vertonen, wie er – unter zahlreichen anderen – Worte von Georg Trakl, Goethe, Stefan George, Rainer Maria Rilke oder auch Peter Rosegger für seine Vokalwerke verwendet hat. Auch als er die Sommermonate längst nicht mehr im heimatlichen Kärnten verbrachte, weil der nach dem Verkauf des Preglhofs 1912 in einer Villa in Klagenfurt wohnhafte Vater am 10. August 1919 verstorben war, tauchen in den Konzeptionen von Weberns Kompositionen Namen aus zwanzig Jahre zurückliegenden Zeiten auf: Annabichl, Schwabegg, Koralpe, Glockner.

Die erstgenannten Orte sind Stätten schmerzlicher Erinnerungen. Auf dem Friedhof in Annabichl befindet sich das Grab des Vaters Carl von Webern, in Schwabegg fand nicht nur die 1906 im Alter von erst 53 Jahren verstorbene Mutter Amalie ihre letzte Ruhestätte, sondern schon der Großvater des Komponisten, wie später auch dessen beide Schwestern und deren Ehegatten.

„Dort ist die Ruhe . . .“: Webern über den Preglhof bei Schwabegg ARCHIV


Vorfahren Anton Weberns, der das „von“ in seinem Namen auch vor 1918 nicht berücksichtigt hat, haben sich, aus dem Egerland in Böhmen kommend, in Salurn in Südtirol niedergelassen und lassen sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Den Preglhof hat der Großvater anlässlich seiner Verehelichung als Erbschaft erworben. Seine verspäteten Flitterwochen mit der geehelichten Cousine Wilhelmine, geborene Mörtl (1886 bis 1949), wird der Komponist 1911 eben dort verbringen.

Geboren wurde er, der Erste und Einzige der Familie mit starken künstlerischen Ambitionen, eher zufällig in Wien. Wie schon der Großvater hatte sich der Vater Verdienste um das Bergwerkswesen erworben; so erfolgte 1883 seine Berufung als Oberkommissar dahin, am 3. Dezember wurde Anton geboren. 1890 wurde Carl von Webern nach Graz versetzt, 1894 als Oberbergwerksrat nach Klagenfurt. Das bedeutete natürlich für den Sohn einen mehrmaligen Schulwechsel, bis zum Besuch des humanistischen Gymnasiums in Klagenfurt von 1894 bis 1902.

Webern-Familientreffen in Südkärnten ATLANTIS MUSIKBUCH VERLAG

Klagenfurter Versuche

Das rege musikalische Leben Klagenfurts war nicht ganz unbedeutend für den Entschluss Anton Weberns, sich für die Laufbahn eines Musikers zu entscheiden. Ein 1911 gestarteter Versuch, am Stadttheater eine Anstellung als Dirigent zu finden, verlief leider nicht erfolgreich. Bei Edwin Komauer (1869–1944), dem führenden Musikpädagogen der Stadt, genoss er seinen theoretischen Unterricht; Cello spielte der 14-Jährige beim Klagenfurter Konzertvereinsorchester, 1899 sind seine ersten (erst 1965 entdeckten) Kompositionen entstanden. Als letzte in Kärnten niedergeschriebene Komposition trägt das fünfte der „Fünf geistlichen Lieder Opus 5“ das Datum: 20. Juli 1917, Klagenfurt.

Das – vom ORF zu Pfingsten live aus dem Großen Wiener Konzerthaussaal übertragene – Programm der Wiener Philharmoniker hätte sich gut in den Rahmen des Wörthersee Classics Festival gefügt. Dabei erklang unter anderem die vor 100 Jahren am Preglhof komponierte Orchester-Idylle „Im Sommerwind“. Am Weberntag (19. Juni) des Festivals wird allerdings ein nicht mit Kärnten in Verbindung zu bringendes Werk erklingen: Das Opus 1 von Anton Webern, die 1908 als „Gesellenstück“ nach Abschluss der Kompositionsstudien bei Arnold Schönberg bezeichnete „Passacaglia“.


WÖRTHERSEE CLASSICS

In Klagenfurt, Messehalle.

Vom 18. bis 23. Juni mit Werken von Gustav Mahler (18. 6.), Anton Webern (19. 6.), Alban Berg (21. 6.), Hugo Wolf (22. 6.), Johannes Brahms (23. 6.). Am 22. 6. Symposion zu Joh. Brahms. Info & Karten: Tel. 0463/    59 02 10

www.woertherseeclassic.com